Erbbaurecht/Erbpacht – was sind die Vor- und Nachteile?

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Inhaltsverzeichnis

Der Neubau eines Hauses oder der Kauf einer bestehenden Immobilie ist eine mit hohen Kosten verbundene Entscheidung. Dies gilt erst recht, wenn auch das entsprechende Grundstück erworben werden muss.

Zum Grundstückskauf gibt es allerdings eine Alternative, nämlich das Erbbaurecht, umgangssprachlich auch Erbpacht genannt.

Ob diese günstiger ist als ein Kauf, kann nur von Einzelfall zu Einzelfall entschieden werden. Es kommt aber auch vor, dass die gewünschte Lage für die Errichtung eines Neubaus nur über das Erbbaurecht zu bekommen ist.

Unser Beitrag zeigt auf, wie das Erbbaurecht funktioniert und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt.

Geschichtlicher Hintergrund

Das Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) wurde in Deutschland in seiner ersten Fassung im Jahr 1919 verabschiedet. Die damalige Regierung wollte auf diese Weise nach dem Ersten Weltkrieg einerseits den Wohnungsbau fördern und auch für finanziell schwächere Schichten der Bevölkerung ermöglichen. Andererseits war es als ein Instrument gegen Bodenspekulationen gedacht. Ein Zurückhalten vom Immobilienmarkt zum Zwecke der Spekulation ist mit dem Erbbaurecht nicht möglich, da der Erbpachtnehmer verpflichtet wird, das Grundstück innerhalb einer bestimmten Zeit zu bebauen.

Definition und Funktionsweise von Erbbaurecht/Erbpacht

Das Erbbaurecht gibt Bauherren die Möglichkeit, auf einem fremden Grundstück ein Haus zu errichten. Die daraus resultierende Erbpacht ist für einen Zeitraum von bis zu 99 Jahren gültig. Entsprechende Grundstücke werden häufig von den Kommunen, Kirchen, Stiftungen, aber auch von privaten Eigentümern angeboten.

Der Erbbaurechtsnehmer muss für die in einem Vertrag beschlossene Laufzeit lediglich einen Erbbauzins, also eine Art Miete, bezahlen. Der Zins kann zwischen den beiden Vertragsparteien frei vereinbart werden und ist entweder monatlich, quartalsweise oder jährlich zu entrichten. Normalerweise beträgt die Höhe etwa drei bis sechs Prozent des Grundstückswertes pro Jahr.

Der Erbpachtgeber bleibt während der gesamten Laufzeit Eigentümer des Grundstücks, der Erbpachtnehmer hingegen Eigentümer der Immobilie. Damit ein Vertrag über ein Erbbaurecht Rechtsgültigkeit erlangt, ist sowohl eine notarielle Beurkundung, als auch ein Eintrag ins Grundbuch erforderlich. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Erbbau-Grundbuch, in das nur der Erbpachtnehmer eingetragen wird. Der Geber verbleibt mit seinem Grund und Boden im herkömmlichen Grundbuch.

Manchmal wird auch eine so genannte Ankaufspflicht festgelegt. In diesem Fall muss der Erbpachtnehmer nach einer bestimmten Frist das Grundstück erwerben, falls der Eigentümer dies einfordert. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, dass beide Parteien ihre vertraglichen Rechte beleihen, verkaufen oder auch als Erbschaft oder Schenkung auf andere Personen übertragen.

Will der Erbpachtnehmer sein Haus vorzeitig verkaufen, benötigt er die Zustimmung des Gebers. Diesem steht auch ein Vorkaufsrecht zu. Die Zustimmung kann aber nur aus triftigen Gründen verweigert werden, zum Beispiel, wenn der neue Eigentümer der Immobilie diese nicht zum Wohnen, sondern für ein Gewerbe nutzen will oder wenn Zweifel an seiner Bonität bestehen.

Welche Grundstücke können unter das Erbbaurecht fallen?

Grundsätzlich kann ein Erbbaurecht für alle Grundstücke unabhängig von der späteren Nutzungsart bestellt werden. Städte und Gemeinden beispielsweise vergeben Erbbaurechte nicht nur für Wohngebäude, sondern auch für Sportplätze, Geschäftshäuser oder Hotels. Die einzige Voraussetzung ist, dass innerhalb einer bestimmten Frist ein Bauwerk errichtet wird.

Es spielt auch keine Rolle, ob bereits eine Bebauung existiert. Das Erbbaurecht ermöglicht es, eine Trennung des Eigentums von Gebäuden und Grund und Boden nachträglich vorzunehmen. Erbpachtgeber haben dadurch ziemlich freie Hand, wie sie mit ihrem Grundeigentum verfahren wollen.

Ist eine Kündigung des Vertrages möglich?

Eine einseitige Kündigung durch den Erbpachtnehmer oder den Grundstückseigentümer ist vorzeitig nicht möglich. Beide Parteien können den Vertrag lediglich in beiderseitigem Einvernehmen aufheben. Eine Ausnahme von dieser Regelung bildet der so genannte Heimfall. Der Erbpachtgeber kann eine Rückübertragung beanspruchen und einklagen, falls der Nutzer des Grundstücks dieses nicht innerhalb der vorher festgelegten Frist bebaut, über einen längeren Zeitraum hinweg den Pachtzins nicht bezahlt oder gegen andere verpflichtende Vereinbarungen verstößt.

Was geschieht nach Ende der Erbpacht-Laufzeit?

Der Zeitraum für das Erbbaurecht wird häufig auf 30 oder 60 bis 99 Jahre festgelegt. Nach Ablauf dieser Zeit fallen sowohl das Grundstück als auch die darauf befindlichen Immobilien an den Erbpachtgeber zurück. Allerdings muss dieser dem Erbpachtnehmer eine Entschädigung zahlen, die sich laut Gesetz auf mindestens zwei Drittel des Gebäudewertes zu dem aktuellen Zeitpunkt beläuft. Eine höhere Entschädigung kann nur verlangt werden, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Es steht aber beiden Seiten frei, den Vertrag um maximal weitere 99 Jahre zu verlängern bzw. einen neuen Vertrag aufzusetzen.

Für den Nutzer des Erbbaurechts ist zu empfehlen, frühzeitig das Gespräch mit dem Grundstückseigentümer zu suchen, falls er den Vertrag verlängern möchte. Er hat aber ein Vorrecht vor anderen Interessenten, wenn das Grundstück auch weiterhin unter dem Erbbaurecht bleiben soll. Eine Zinsanpassung an aktuelle Verhältnisse kann auf der Grundlage des alten Vertrages erfolgen. Wenn beide Parteien sich auf eine Verlängerung einigen, ist diese vor dem Ende der vorherigen Vertragslaufzeit im Grundbuch einzutragen.

Bezüglich der Entschädigung sollte bereits bei Vertragsabschluss klar niedergeschrieben werden, nach welchen Kriterien der Gebäudewert nach Ablauf der Pachtzeit berechnet werden soll. Zum Beispiel kann vereinbart werden, dass ein öffentlich bestellter Sachverständiger oder ein Gutachterausschuss ein Gutachten erstellt. Der Wert einer eventuellen Restlaufzeit der Erbpacht fließt ebenfalls mit ein.

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Die Vor- und Nachteile der Erbpacht im Überblick

Es kommt nicht selten vor, dass in besonders teuren Lagen günstige Preise für Grundstücke locken. Das ist für Kenner wenig überraschend, denn in der Regel handelt es sich dabei um Grund und Boden, der nach dem Erbbaurecht verpachtet werden soll. Das kann für Interessenten, die über wenig Eigenkapital verfügen, durchaus ein lukratives Schnäppchen sein. Es gibt aber auch Stolperfallen, die langfristig höhere Kosten nach sich ziehen, als man zunächst angenommen hat. Die Erbpacht bietet folgende Chancen und Risiken, die sorgsam gegeneinander abgewogen werden sollten.

Vorteile und Chancen

  1. Das Erbbaurecht kann eine günstige Alternative zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten eines Grundstücks und eines vielleicht schon vorhandenen Hauses sein, wenn die allgemeinen Zinsen hoch sind. Auf diese Weise lassen sich durchaus rund 25 Prozent und mehr der Gesamtkosten zu Beginn eines Bauprojekts einsparen.
  2. Familien mit einem geringen Eigenkapital erhalten eine attraktive Gelegenheit, um ein Grundstück zu erwerben. Das Eigenkapital steht dann vollständig für die Errichtung der Immobilie zur Verfügung und senkt den Finanzierungsbedarf bei Kreditinstituten. Trotzdem sollten Sie genau prüfen, ob der Zins für die Erbpacht tatsächlich deutlich geringer ist als die Aufwendungen für eine Hypothek.
  3. Vor allem bei kirchlichen Erbpachtgebern sind häufig günstige Konditionen zu erreichen, wenn man Mitglied der Kirchengemeinschaft ist oder bestimmte soziale Gesichtspunkte vorweisen kann wie etwa viele Kinder oder Menschen mit Behinderung innerhalb der Familie.
  4. Angehende Bauherren haben mit dem Erbbaurecht die Gelegenheit, ein attraktives Bauland auch in Ballungszentren zu erhalten, das sonst für sie nicht erschwinglich wäre.
  5. Das Erbbaurecht kann verkauft und vererbt werden.
  6. Bei Vertragsende erhält der Erbbaunehmer oder sein Erbe eine Entschädigung von mindestens zwei Drittel des Verkehrswertes.

Auch der Besitzer des Grundstücks kann von der Erbpacht profitieren, da er Eigentümer bleibt und langfristig Renditen erwirtschaftet statt nur den einmaligen Kaufpreis zu bekommen.

Nachteile und Risiken

  1. Durch den Erbpachtvertrag entsteht ein Dauerschuldverhältnis. Die vereinbarten Zinszahlungen sind so lange fällig, wie der Vertrag läuft, also bis zu 99 Jahre. Da der Erbpachtzins über die Zeit dem Verkehrswert des Grundstücks angepasst wird, zahlt man letztendlich vielleicht mehr statt weniger für das gewünschte Bauland, ohne dass man am Ende Eigentümer des Grundstücks ist. Im Gegensatz dazu können Bauherren bei einem Grundstückskauf ihre Darlehen nach etwa 30 Jahren tilgen und besitzen dann sowohl das Haus als auch Grund und Boden.
  2. Manche Banken verweigern Kredite zur Finanzierung einer Immobilie, wenn diese auf einem Erbpachtgrundstück errichtet werden soll, weil der Bauherr dann nicht Eigentümer des Grundstücks ist und der Erbpachtgeber Mitspracherechte hat. Sie sollten sich deshalb bei Ihrer Hausbank vorab erkundigen, wie sie dies handhabt. Für eine eventuelle Förderung durch die Länder oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) spielt der Unterschied normalerweise keine Rolle.
  3. Bei der Gestaltung und dem Bau eines Hauses sowie bei eventuellen späteren Veränderungen hat der Grundstückseigentümer ein Mitspracherecht in den vertraglich festgelegten Grenzen. Sie sind also nicht frei in Ihren Entscheidungen.
  4. Ein Verkauf der Immobilie ist bei einer geringen Restlaufzeit des Erbpachtvertrages kaum realisierbar.
  5. Läuft der Vertrag aus, und der Grundstückseigentümer will nicht mit Ihnen verlängern, verlieren Sie bei der Entschädigung ein Drittel des Martktwertes Ihrer Immobilie. Ein generelles Recht auf eine Verlängerung gibt es nämlich nicht, allenfalls ein Vorrecht auf Verlängerung, wenn das Grundstück weiterhin unter Erbpacht verbleibt.

Wer kommt für die Grunderwerbsteuer und sonstige Abgaben auf?

Als Erbbauberechtigter erhalten sie die gesamten Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks. Deshalb müssen Sie auch für die Grunderwerbsteuer aufkommen. Außerdem sind Sie verpflichtet, alle weiteren Abgaben zu übernehmen. Dazu zählen:

Sollte der Grundstückseigentümer bereits Erschließungs- und Anliegerkosten bezahlt haben, müssen Sie diese normalerweise vor der Beurkundung eines Erbpachtvertrages erstatten.

Fazit: Machen Sie sich schlau!

Ein Hausbau oder -kauf ist in der Regel eine Entscheidung fürs Leben, unabhängig davon, ob Sie auf eigenem Grund und Boden oder auf einem Erbpachtgrundstück bauen. In letzterem Fall ist es aber besonders angeraten, sich gründlich zu informieren und sich von professioneller Seite ausführlich beraten zu lassen. Bei der Abfassung des Vertrages sollten Sie einen Anwalt engagieren, der sich mit der Materie auskennt und Ihnen die einzelnen Vertragspunkte exakt und verständlich erklären kann.

Überlassen Sie in diesem Zusammenhang nichts dem Zufall und prüfen Sie die Vorstellungen und Forderungen des Erbpachtgebers genau. Ansonsten kann es sein, dass Sie für lange Zeit mit unnötigem Ärger, vor allem aber mit finanziellen Belastungen leben müssen, die Sie mit der richtigen Unterstützung hätten vermeiden können.

Wenn Sie aber unter fairen Bedingungen über das Erbbaurecht an ein günstiges und gut gelegenes Bauland kommen, ist gegen diese Form der Finanzierung nichts einzuwenden. Wenn Sie alle Vor- und Nachteile sorgsam abwägen, werden Sie bestimmt eine für Sie persönlich befriedigende Lösung finden.

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Dieser Beitrag ist ausschließlich zu Informationszwecken bestimmt. Die hier bereitgestellten Informationen sollten Sie niemals als alleinige Quelle für rechtliche Entscheidungen verwenden.

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